Die Speisekammer hat geöffnet

Die Diskussion wie man mit dem Regelsatz für Hartz4 auskommt, flammt immer wieder auf. Aktuell steht mir noch das Experiment von Franzi vor Augen – sie hatte versucht mit 20 Euro eine Woche lang gesund, vegan und mit größtenteils Bio-Lebensmitteln zu leben. Die Beiträge und das Fazit sind sehr lesenswert. Auch läuft momentan bei Peters Blog „Aus meinem Kochtopf“ ein Event mit demselben Hintergedanken. Hier sollen 2 Leute satt werden für weniger als 5 Euro (ich bin schon sehr gespannt auf die Rezeptzusammenfassung^^). 


Nun also Butter bei die Fische – wir bekommen Hartz4. Das ist von der Sache her nicht schlimm, anders würden wir halt nicht über die Runden kommen. Leider steht am Ende des Monats grundsätzlich ein dickes fettes Minus auf meinem Konto. Mit dem Gedanken Lebensmittel von den Tafeln zu holen, spiele ich schon länger. Darauf gebracht hat mich die Mutter von meinem Freund – sie macht das nämlich regelmäßig. 


Was sind nun die Tafeln? Die meisten haben wahrscheinlich bereits davon gehört. Das Prinzip ist einfach – Lebensmittelmärkte sortieren Lebensmittel mit abgelaufenem/ablaufendem Mindesthaltbarkeitsdatum, Obst und Gemüse mit welken Stellen und ähnlichem, Brot vom Vortag usw. aus und würden es wegwerfen. Statt dessen geben sie diese Sachen an die Tafeln weiter und ehrenamtliche Helfer verteilen diese Lebensmittel an bedürftige Menschen. 


Der Grundsatz ist aus verschiedenen Gründen super. 1. werden Lebensmittel die man durchaus noch verzehren kann nicht weggeworfen, 2. spart man einiges an Geld und 3. kommt man mal raus 😛 Allerdings ist die Schamgrenze doch relativ hoch hier – mit den Worten meines Freundes ausgedrückt – betteln zu gehen. 


Nichts desto trotz habe ich mich kundig gemacht. Bei uns im zuständigen Ort gibt es keine Tafeln. Die Volkssolidarität hat allerdings ein ähnliches Programm unter dem Namen „Speisekammer Aschersleben“ gestartet. Leider fand ich weder eine Adresse noch Öffnungszeiten. Deshalb fragte ich eine (gegenüber wohnende) Freundin ob sie vielleicht mehr wüsste. Sie war schon einmal da gewesen und wusste wen sie fragen konnte wegen der Öffnungszeiten – perfekt, ich habe das Auto, die Verabredung heute dort hinzufahren stand also relativ schnell. 


Die Öffnungszeiten hat sie auch raus gefunden. Montag-Donnerstag ab 13 Uhr, Freitag glaube etwas früher. Weil frühes Erscheinen natürlich die besten Plätze sichert, hatten wir uns für 12 verabredet (und sind trotz Mitnahme der kleinen Anni sogar pünktlich los gekommen^^). 





Die Speisekammer war relativ leicht zu finden, ein großes oranges Gebäude gegenüber vom Bahnübergang in Aschersleben mit einer nicht zu übersehenden Menschenschlange davor. Ab 12:45 Uhr wurden die ersten Lebensmittel abgegeben und es kam Bewegung in die Schlange. Glücklicherweise waren wir zu zweit, beim quatschen verging die Zeit schön schnell. 


Als wir dran waren, mussten wir uns erst einmal anmelden. Das ging recht einfach, wir mussten einfach den aktuellen Hartz4-Bescheid vorlegen. Man bekommt dann einen grünen Ausweis den man beim nächsten Mal einfach vorzeigt. Läuft der Bescheid aus, muss der Folgebescheid vorgezeigt werden und der Ausweis wird dann entsprechend verlängert. 


Der Obulus für die Lebensmittel beträgt 1,00 € pro Erwachsenen und 0,50 € pro Kind, ich habe also 3 € bezahlt. 






Bekommen habe ich für uns: 


– je eine Packung Aufbackbrötchen Weizen und Mehrkorn
– 2 Joghurts von Ehrmann
– 1 Joghurt Natur Pur
– 6 Schokonikoläuse von Milka und 6 Weihnachtsengel von Lindt
– 1 Packung Kochschinken
– 1 Packung Jagdwurst
– 1 Tüte Porree
– 1 Baguette mit Gewürzen
– 1 Tüte mit 4 Brötchen (Backstation)
– 1 Körnerbrot 
– 1 Ciabatta Backmischung


Praktisch war, dass mir meine Freundin alles abgegeben hat, was sie nicht isst. Also kam noch dazu:


– 1 weiteres Körnerbrot sowie 1 weiteres Baguette mit Gewürzen
– 1 weitere Ciabatta Backmischung
– 1 Tüte Brokkoli
– 1 Wirsingkohl
– 1 Tüte Porree
– 1 Fruchtquark (damit sich ihre Jungs nicht drum streiten ^^)


Vielen lieben Dank dafür übrigens! Witzig finde ich, dass sie das ganze Gemüse bekommen hat *g*. 


Das Brot aus der Backstation ist natürlich schon etwas altbacken, dennoch sind sie so gut wie aufgegessen. Das Gemüse sieht super aus, ich weiß gar nicht weshalb das aussortiert wurde… Wurst und Joghurt haben MHD 18.02.14, das werden wir also bald verbrauchen müssen. 


Einmal die Woche darf man sich Lebensmittel holen, die Dame hatte uns den Tipp gegeben am Montag dort hinzugehen. Heute war ihrer Aussage nach ein schlechter Tag, es gab nicht so viele Sachen abzugeben, weshalb stark rationiert wurde. An anderen Tagen bekommt man wohl mehr als einen Beutel. 


Meine Freundin und ich sind für Montag bereits verabredet – mal sehen was wir bekommen. Jetzt gehe ich Abendbrot machen, es gibt den Porree in Suppenform und dazu das Baguette. 


Mal sehen ob ich vom nächsten Besuch wieder berichte *g*. 


Related Posts

8 Comments

  • Reply
    Anonym
    19. Februar 2014 at 18:42

    Ich finde es gut, dass es die Möglichkeit gibt, wenn man wenig Geld hat, günstig einzukaufen.
    Ich finde das sieht alles nicht irgendwie alt aus?

    Und Respekt vor dir, das hier so öffentlich zu machen, da geht man sicher über seine Schamgrenze.

    Mit 20 Euro pro Person über eine Woche mit Bio Qualität zu kommen, halte ich für nicht möglich, ich hab dieses Experiment auch gelesen und eigentlich meine Meinung bestätigt bekommen.
    Man schaffts zwar "vielleicht", aber gesund ist sicher anders.

    Liebe Grüße Sina

    • Reply
      Lani
      19. Februar 2014 at 19:11

      Ich habe erst lange mit mir gerungen dort hinzugehen und dann auch lange überlegt, ob ich tatsächlich darüber berichte. Aber irgendwer muss es ja mal tun. Und vielleicht nimmt es dann dem ein oder anderen die Angst und nutzt das Angebot ebenfalls. Mal ehrlich – es ist doch unglaublich schade, wenn gute Lebensmittel weggeworfen werden, weil das MHD erreicht ist.

      Die Suppe zum Abendbrot war sehr lecker und dazu gab es Croutons aus dem Olivenbaguette. Ehrlicherweise ist es natürlich auch eine kleine Challenge die Sachen bestmöglich zu verwerten. Beispielsweise das ganze Brot kann man fast gar nicht aufessen, also her mit den kreativen Ideen was man damit kochen könnte *g*

  • Reply
    Sabrina Ehrlich
    19. Februar 2014 at 18:43

    Wow ein toller Bericht und danke für deine Offenheit. Denn was dein Freund so beschreibt, so stelle ich es mir auch vor. Nicht unbedingt betteln aber das Schamgefühl ist doch sehr hoch. Ich finde es toll dass es solche Einrichtungen gibt.
    Schade finde ich dass man als Familie mit Einkommen die dennoch sehr wenig zum Leben hat nicht solch eine Unterstützung erfährt. Versteh mich nicht falsch ich will nicht sagen dass es jedem zusteht oder "ich" dass jemandem wegnehmen will dem es noch schlechter geht aber Deutschland macht keinen Unterschied. Verdienst zu hoch? Ausgaben interessieren nicht 🙁

    • Reply
      Lani
      19. Februar 2014 at 19:16

      Ich weiß absolut was du meinst. Ich kenne genug Menschen die aktuell oder früher in der Situation waren mit wenig Geld, aber rechnerisch zuviel Geld um solche Angebote nutzen zu dürfen. Meine Wenigkeit zählt dazu! Während der Ausbildung habe ich beispielsweise gelernt, dass Olivenöl bei geringen Temperaturen ausflockt – weil ich zu geizig zum heizen war und die Wohnung eiskalt^^, Das ist auch heute noch so drin, wenn mein Freund die Heizungen aufdreht, könnte ich durchdrehen (dabei müssen wir heizen, schließlich haben wir einen Säugling im Haus).

    • Reply
      Sabrina Ehrlich
      20. Februar 2014 at 15:57

      Ich kenne das mit der Heizung von meiner Mutter und ich habe es gehasst! Auch heute noch bin ich in der kühleren oder gar kalten Jahreszeit nicht gerne dort 🙁 Bei uns wird nicht an Wärme gespart gerade durch die Erfahrung, aber übertrieben wird allerdings auch nicht 😉

  • Reply
    Anonym
    27. Februar 2014 at 18:23

    Hallo und danke für diesen sehr erfrischend anderen Artikel, der mal nicht ganz so heile Bloggerglitzerwelt abbildet. Wir müssen im Moment auch mit eher wenig Geld auskommen und so kann ich dich gut verstehen.
    Was die Brotverwertung angeht, habe ich tatsächlich einen Tipp für dich: Brotfrikadellen! Die sind super aromatisch und schmecken toll. Wenn du magst, schau mal hier vorbei: http://cookingworldtour.wordpress.com/2014/01/26/israel-brotfrikadellen-nach-yotam-ottolenghi/ Übrigens habe ich auch gerade heute einen Babybrei gepostet, vielleicht ist der für dich auch interessant.
    Liebe Grüße, Becky

    • Reply
      Lani
      27. Februar 2014 at 19:37

      Hey Becky,

      danke für den Tipp mit den Brotfrikadellen, die muss ich doch glatt mal ausprobieren. Ideen was man mit Brot anfangen kann, sind immer willkommen ^^ Vielen Dank auch für die positive Rückmeldung – ein bißchen Bestätigung ab und zu tut einfach gut <3

      Ganz liebe Grüße zurück
      Jette

  • Reply
    Anonym
    21. November 2015 at 08:34

    hallo Henriette,

    mit Brot kann man super kirschenplotzer/ Kirschen Michel backen.
    oder Arme Ritter/ Kartäuser klöse – als Süßspeise, Nachtisch, zum Kaffee!

    beide total lecker!

  • Leave a Reply